
Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei? Stimmt nicht. Die Burgenstraße hat auch zwei. Je nachdem, ob man mit der Radtour auf 860 Kilometer langen Themenroute im Osten in Bayreuth beginnt oder im Westen in Mannheim. So oder so: An jedem Ende der Wurst – pardon – Burgenstraße machen es die Sehenswürdigkeiten schwer, sich in den Sattel zu schwingen. Und auch unterwegs warten jede Menge alter Gemäuer, die es zu besichtigen lohnt.
In Mannheim ist es das riesige Residenzschloss, das den Fotostopp länger als geplant werden lässt. Mit den repräsentativen Seitenflügeln, dem gewaltigen Ehrenhof dem prachtvollen Rittersaal im Inneren verströmt es einen Hauch von Versailles – ein wahrlich standesgemäßer Routenauftakt.
Die Tour lässt sich leicht in Etappen aufteilen, die je nach Kondition und Zeit unter 100 Kilometer pro Tag betragen; es geht hier also um Genussradeln und nicht um Leistungssport. Apropos Genuss: Auch kulinarisch hat die Burgenstraße einiges zu bieten. In der Geschichte geht es um Speis‘ und Trank entlang der Route. Will hießen: Wer gut radelt, soll auch gut essen - und trinken.
Planen lassen sich die Tagesetappen mit einem Besuch auf der Website der Burgenstraße. Hier sind alle Infos für Radfahrer kompakt zusammengefasst, inklusive der Tracks vom Tourenportal Outdooractive zum Download sowie Links zu fahrradfreundlichen Unterkünften zwischen Mannheim und Bayreuth. Wer trotz Handy und GPS gerne etwas in der Hand haben möchte, sollte den Radwanderführer "Burgenstraße" kaufen (14,50 Euro inkl. Versand, bestellbar auf der Website der Burgenstraße). Er beschreibt die komplette Radroute detailliert mit Karten, Innenstadtplänen, Einkehr- und Übernachtungstipps.
Die erste Etappe führt von Mannheim aus via Schwetzingen nach Heidelberg mit seiner berühmten Schlossruine. Anschließend geht’s am Neckar entlang über Eberbach, Mosbach, Gundelsheim und Bad Wimpfen bis nach Heilbronn, zwischendurch macht die Route einen Schlenker nach Sinsheim. Das sind gut 190 Kilometer. Für Genussradler sind also eindeutig ein paar Pausen fällig. Beispielsweise in Eberbach mit seinen mittelalterlichen Fachwerkhäusern und der Burgruine: Zur Stärkung gibt es hier die Viktoriatorte, Motto: Speisen wie die Queen.
Ein Stopp lohnt sich auch in Bad Wimpfen mit seiner Kaiserpfalz und der historischen Altstadt. Aber dann heißt es wieder kräftig in die Pedale treten, um nicht zu spät in Heilbronn einzutreffen. In der ältesten Weinstadt in Württemberg gibt es – richtig geraten – jede Menge Wein zu probieren. Einkehrtipp: Die „Wein Villa“ am Rande der Innenstadt ist ein Zusammenschluss von zwölf Weingütern und der Genossenschaftskellerei.
Wer am Tag drei ohne Kater aufwacht, radelt über Weinsberg, Öhringen, Waldenburg, Schwäbisch Hall und Kirchberg an der Jagst bis Rothenburg ob der Tauber. Das sind rund 135 Kilometer. E-Bike-Fahrer oder sportliche Tourenfahrer schaffen das an einem Tag, haben dann aber wenig Zeit für Besichtigungen. Die anderen übernachten unterwegs und kommen so erst einen Tag später in Rothenburg ob der Tauber an, dafür aber in Schwäbisch Hall in den Genuss eines Koteletts vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein. Unbedingt zu empfehlen: Ein Besuch im Laden der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall. Da Radfahrer ungern zusätzliche Kilos mitschleppen: vor Ort probieren, dann online bestellen und nach Hause liefern lassen. Und wer einen Kontrast zu den mittelalterlichen Burgen und Schlössern entlang der Route sucht: Hier ist er. Die Kunsthalle Würth.
In Rothenburg heißt es dann wieder runter vom Sattel, zu Fuß durch die mittelalterliche Altstadt und rauf auf der Stadtmauer. Wer danach noch Kraft in den Knien hat: Eine Nachtwächterführung durch Rothenburg ist ein unvergessliches Erlebnis.
Von Rothenburg aus geht es über Ansbach durchs „Romantische Franken“ sowie Cadolzburg bis nach Nürnberg. Wer auf der ausgeschilderten Route bleibt, hat dann gut 170 Kilometer zurückgelegt. Etwa in der Mitte liegt Abenberg mit einem tollen Rittermuseum und dem Hotel Burg Abenberg. Wer äußerst komfortabel schlafen möchte, liegt hier goldrichtig.
Ausgeschlafen geht es am nächsten Morgen zur Cadolzburg. Hier ermöglicht das Museumskonzept ein Burgerlebnis mit allen Sinnen („Hören, Sehen, Fühlen, Riechen, Schmecken“). Dann geht es über Langenzenn nach Nürnberg. Wie wäre es mit einer Kellerführung durch die historischen Felsgänge? Die Touren starten und enden bei der Hausbrauerei Altstadthof, bekannt für das hauseigene Rot- und Kellerbier sowie selbstgebrannten Whisky.
Die Etappe von Nürnberg über Lauf an der Pegnitz, Forchheim und Pottenstein bis Bamberg ist 170 Kilometer lang. Je nachdem, wie viel Zeit für die Sehenswürdigkeiten eingeplant ist, kann man/frau unterwegs ein paar Schlaufen einsparen und es dann in zwei Tagen bequem schaffen. Als Schlafquartier bietet sich die Burg Rabenstein an.
Das Synonym für Bamberg ist Bier. In Bamberg selbst gibt etwa 15 Brauereien, die über 50 Biersorten anbieten. Im Bamberger Umland, dem die größte Brauereidichte der Welt nachgesagt wird, gibt es rund 60 Brauereien. Hier werden über 350 Biersorten gebraut, teils nach jahrhundertealten Rezepturen. Doch jetzt kommt die schlechte Nachricht für alle Radfahrer: Nur alkoholfreies Bier ist isotonisch. Doch die meisten Biersorten sind MIT Alkohol, der die Osmolarität extrem hochtreibt.
Verdauen lässt sich die schlechte Nachricht auf der Schlussetappe von Bamberg nach Bayreuth. Die Tour führt durch den Naturpark Haßberge zunächst nach Seßlach und Heldburg und dann weiter via Coburg, Kronach und Kulmbach in die Wagner-Stadt. Das sind knapp 200 Kilometer. Und die haben es in sich, denn hier stecken insgesamt 1.300 Höhenmeter drin. Man wird für die Strapazen allerdings mit hübschen Ortschaften, eindrucksvollen Festungen und wunderschönen Ausblicken entschädigt.
Wer es bis zum östlichen Ende der Wurst – pardon – Burgenstraße geschafft hat, hat sich - nach der Besichtigung der örtlichen Schlösser, versteht sich – einen Besuch in der Lohengrin Therme redlich verdient. Hier können die Muskeln nach 860 Kilometern dann endlich entspannen. Übrigens: Das mineralreiche Heilwasser der Therme steckt auch im leckeren Thermalbrot. Infos dazu ebenfalls in der Genussfreak-Geschichte.
Über den Autor*Innen

Thomas Rentschler
Thomas Rentschler ist im Schwarzwald aufgewachsen und hat nach einer kaufmännischen Ausbildung bei einer Nachrichtenagentur und auf der Akademie für Publizistik in Hamburg das journalistische Handwerkszeug erlernt und anschließend sowohl als festangestellter Reporter und Redakteur sowie freier Mitarbeiter unter anderem für die Nachrichtenagentur dpa, Zeitungen (Financial Times Deutschland, taz, WAZ, Welt am Sonntag), Zeitschriften (Focus, MAX, Wirtschaftswoche), Hörfunk (Deutschlandfunk, Korean Broadcasting System, NDR, Radio Zürisee, WDR) und TV (MDR) im In- und Ausland (Schweiz, Spanien u