Elektroantrieb und Scheibenbremsen, da könnte man doch ...? Genau! Was bei Motorrädern inzwischen Pflicht ist, hält nun auch am modernen Pedelec Einzug. Mit dem ersten Antiblockiersystem für E-Bikes wird Radfahren mit Rückenwind deutlich sicherer. Europas größter Zweirad-Fachhandelsverband – die ZEG – präsentiert mit dem PEGASUS Savona EVO 10 und dem FLYER Upstreet 4 die ersten E-Bikes mit dem von Testern hoch gelobten Brems-Assistenten.
Über Unfälle mit dem Elektrorad wird viel geredet. Klar ist: Je mehr E-Bikes auf den Straßen unterwegs sind, desto öfter kann etwas passieren. Andererseits kommt es immer wieder vor, dass mit der modernen Technik wenig vertraute Radler die Beherrschung über ihr Gefährt verlieren, und zwar häufig ohne die Beteiligung eines anderen Verkehrsteilnehmers. Meist ist nach so einem „Alleinunfall“ nur das Selbstbewusstsein angeknackst, die Hose zerrissen und die Jacke kaputt, doch natürlich birgt jeder Sturz ein Verletzungsrisiko.
Eine Studie der Schweizer Beratungsstelle für Unfallverhütung in Bern trug 2017 interessante Daten zu diesem Unfalltyp zusammen und befragte dazu mehr als 4.000 Elektroradler. Zum Unfallhergang gaben 51 % an, die Straßenoberfläche sei rutschig gewesen; 37 % waren der Meinung in der jeweiligen Situation zu schnell gewesen zu sein und 26 % gaben an, zu stark gebremst zu haben, wobei Mehrfachnennungen möglich waren.
Daraus lässt sich schließen, dass der Themenkreis „Bremsen“ eine große Rolle beim Alleinunfall spielt, was erst einmal nicht verwunderlich ist: Zahlreiche E-Bikes sind heute mit stark wirkenden Scheibenbremsen ausgestattet. Diese lassen sich zwar gut dosieren, doch bei einer Schreckbremsung oder vermindertem Reifengrip durch Feuchtigkeit oder Straßenschmutz kann es dennoch zum Blockieren der Laufräder kommen. Oft ist dann ein Sturz mit Überschlag über den Lenker unvermeidbar. Die Furcht vor genau diesem Szenario kann dazu führen, dass ein weniger erfahrener Radler aus Angst vor seinen scharfen Bremsen gar nicht erst beherzt genug zugreift.
Sind schwächere Bremsen die Lösung? Sicher nicht – es ist etwas anderes, das in den letzten Jahren bei motorisierten Zweirädern zu einer deutlichen Verringerung des Unfallrisikos beigetragen hat: das Antiblockiersystem, kurz ABS. Jeder Pkw hat es, dort wird es allerdings nur in Extremsituationen aktiv. Anders bei Motorrädern: Seitliches Wegrutschen oder ein Abheben des Hinterrades bei starkem Verzögern sind typische Unfallhergänge bei PS-starken Zweirädern – wiederum häufig bei Alleinunfällen. Laut ADAC könnten 45 % davon durch den Einsatz eines Antiblockiersystems vermieden werden, wie es seit Januar 2017 endlich bei neu zugelassenen Motorrädern ab 125 ccm Hubraum vorgeschrieben ist. Die vom Elektronikspezialisten Bosch schon vor Jahrzehnten vorgestellte Technologie ist millionenfach bewährt; zusammen mit der vom Entwicklungspartner Magura gelieferten Bremsanlage lässt sich das System inzwischen auf so kleinem Raum unterbringen, dass der Verwendung am E-Bike nichts mehr entgegensteht – zumal dort, anders als beim normalen Fahrrad, auch die Stromversorgung gewährleistet ist.
Am PEGASUS Savona EVO 10 und dem FLYER Upstreet 4 – zwei der ersten am Markt verfügbaren
E-Bikes mit dem neuen System, vom Internetportal Velomotion jeweils mit „Sehr gut“ getestet (Upstreet 4 7.10) – bringt der Bremsassistent gerade mal 800 Gramm Mehrgewicht mit – angesichts von Fahrzeuggewichten um 25 Kilo wahrlich kein Nachteil.
Wie funktioniert das E-Bike-ABS in der Praxis? An den Bremsscheiben beider Laufräder sitzen Sensoren, die die Raddrehzahl messen. Kommt es zu einem starken Abfall der Drehzahl bzw. zu einem deutlichen Drehzahlunterschied vorne und hinten, senkt die in der Box am Lenker angebrachte ABS-Kontrolleinheit den Bremsdruck für Sekundenbruchteile, bis das Laufrad wieder rollt; dann wird wieder Bremsdruck aufgebaut. Dieser Vorgang kann sich etliche Male pro Sekunde wiederholen, sodass man trotz voll durchgezogenem Bremshebel sicher zum Stehen kommt. Da ein blockierendes Hinterrad kein so großes Problem ist, greift das System beim E-Bike nur in die vordere Bremse ein – und dort ist der Effekt verblüffend: Egal, wie beherzt man am Bremshebel eines PEGASUS Savona oder FLYER Upstreet 4 zieht, die Bremskraft der starken Stopper wird so genau dosiert, dass man auch beim Bremsen in Schräglage nicht das Risiko eingeht, wegzurutschen. Und wer bei Maximaltempo auf gerader Strecke in die Eisen geht, spürt – nichts, jedenfalls nicht, dass das Hinterrad vom Boden abhebt. Dass sich Stürze mit dem E-Bike damit verhindern lassen, scheint ausgemacht, zumal die Zahlen aus der Motorradbranche für sich sprechen.
Apropos Zahlen: Beide E-Bikes sind sehr hochwertig ausgestattete Dauerläufer mit kraftvollem Bosch Performance Line CX Antrieb und 500 Wh Akku für ausgedehnte Touren. Der Preis für das PEGASUS Savona liegt bei 3.799 Euro. Das FLYER Upstreet 4 lässt sich individuell konfigurieren; dabei startet die ABS-Variante bei 4.299 Euro.
Über den Autor*Innen
Jörg Bornmann
Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.