Olivenroute in Andalusien

Altes Wasserwerk zur Versorgung der Dampfloks - Via Verde del Aceite - (c) Gabriele Beautemps

Ein Meer aus Olivenbäumen, und mittendrin ein Radweg: Via Verde del Aceite, der Olivenöl-Weg, führt mitten durch das größte Olivenanbaugebiet der Welt im Norden Andalusiens. Angelegt ist der Radweg auf der ehemaligen Trasse der Olivenölbahn von Jaén nach Puente Genil. Bis 1985 wurde hier das wertvolle Öl in Zügen transportiert. Dann legte man die Bahn still und der Umbau zum Radweg begann. Entstanden ist eine 128 Kilometer lange Strecke durch eine Welt voller Olivenbäume. Und das Beste: Man kann das hochwertige Öl gleich bei einem guten Essen zu testen. So wird aus der Radtour eine echte Genusstour.

Manche Bäume haben 300 Jahre auf der Rinde 
Wir starten in Jaén (510 m). Das ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Norden Andalusiens, unter Fachleuten auch als Welthauptstadt des Olivenöls bekannt. Aus der Provinz Jaén stammt 20 Prozent des weltweit produzierten Olivenöls. 66 Millionen Olivenbäume soll es hier geben, wer immer sie gezählt hat. Manche Bäume haben 300 Jahre auf der Rinde. Knorrige Exemplare sind das, solche mit Charakter. Vergleichsweise niedrig sind die Bäume auf den Plantagen. Sie werden regelmäßig gekappt, um schneller ernten zu können.

Es ist herrlich ruhig auf dem Weg – keine drängelnden Biker, die am Rücklicht kleben. Im Hintergrund erheben sich die Berge der Sierras de Jabalcuz. Für die Radler geht es zum Glück nur moderat bergauf. So wie es auf Radwegen auf ehemaligen Bahntrassen üblich ist, denn die Züge konnten keine große Steigung überwinden. Ab und an taucht einer von zwölf ehemaligen Bahnhöfen auf, mal in frischem Gelb, mal ziemlich morbide mit eingefallenen Mauern. Nach etwa 22 Kilometern ist Martos (654 m) und damit der höchste Punkt des Olivenölwegs erreicht. Von nun an geht’s bergab, zum Rio Guadajoz. Flusstäler überwindet der Radler auf imposanten Metallbrücken, konstruiert von einem früheren Schüler Gustave Eiffels, was auch der Laie zu erkennen glaubt. 14 solcher Brücken gibt es insgesamt auf der Strecke. Besonders fotogen ist ein Brücken-Duo über den Víboras. Unweit der 80 Meter hohen Eisenkonstruktion über den Fluss wirkt eine Steinbrücke, die seit dem Mittelalter überdauert hat, wie ein Spielzeug.

Die verlassenen Bahnwärterhäuschen würden sich hervorragend als Café anbieten
Gelegentlich kommt man an verlassenen Bahnwärterhäuschen irgendwo im Nirgendwo vorbei. Diese Gebäude würden sich hervorragend als Café an der Radtrasse eignen. Doch offenbar will niemand in das Geschäft einsteigen.  

Wer essen und trinken möchte, muss sich also entweder ein Picknick einpacken, oder aber am besten abbiegen und in einem der hübschen Orte einkehren. Zum Beispiel in Alcaudete. Hoffnung, dass man in einer Gegend, in der hochwertiges Öl hergestellt wird, auch gut essen kann, erfüllt sich hier im Restaurant Almocadén. Zum späten Mittagsmahl gegen 15 Uhr steht gratinierter Balanchares-Käse mit Kräuterpesto und Pinienkernen und mit Weinreben geräuchertes iberisches Schweinefleisch auf der Speisekarte. Will man all‘ das in vollen Zügen genießen, sucht man sich am besten eine Bleibe für die Nacht in Alcaudete und schaut sich die maurische Calatrava-Burg an. 50 Kilometer sind immerhin schon mal zurückgelegt.

Maximal 5 Stunden zwischen Ernte und Pressung 
In Spanien gibt es inzwischen 127 Via Verdes auf stillgelegten Bahnstrecken. Manche davon sind nur zehn Kilometer lang, andere kommen auf über 100 oder sogar 200 Kilometer. Die Grünen Wege sind angelegt, um den Tourismus im Landesinnern zu beleben. Sie sind ideal, um eine ursprünglich gebliebene Region zu entdecken.

Haupteinnahmequelle auf der Via Verde del Aceite bleibt aber mit Abstand das Olivenöl. Es waren die Araber, die während ihrer Herrschaft in Andalusien den Olivenanbau voranbrachten. Aceite de oliva, das spanische Wort für Olivenöl, stammt aus dem Arabischen.

Im Herbst läuft in der Provinz Jaén die Ölproduktion auf Hochtouren. Um ein Premiumöl herzustellen, dürfen von der Ernte bis zur Pressung maximal 5 Stunden liegen. Denn der Säuregrad steigt und die Qualität nimmt ab, wenn die Oliven nicht zügig verarbeitet werden. Zunächst werden die Früchte gereinigt, danach kalt gepresst. Kalt deshalb, um die Aromen möglichst vollständig zu bewahren.  Dann wird das Öl in mehreren Stufen aufwendig zentrifugiert und 15 Tage lang dekantiert. Danach wird das ganze Öl noch einmal gefiltert, und bis zum Abfüllen in Edelstahltanks gelagert.

Die höchste Qualitätsstufe ist natives Olivenöl extra. Dabei darf das Öl nur mit mechanischen Verfahren aus der Olive extrahiert werden. Die Zufuhr von Wärme und chemischen Mitteln, um den Ertrag zu erhöhen, ist tabu. Wer mehr über Ernte und Produktion erfahren will, sollte die multimediale Ausstellung im Olivenöl-Museum Terra Oleum in Mengíbar in der Nähe von Jaén besuchen. Außerdem bieten manche Ölmühlen wie etwa Oro Bailen Führungen und Verkostungen an.

Auch die Olivenbäume leiden unter der langen Trockenheit
Auch die Olivenölproduzenten bekommen den Klimawandel zu spüren. Olivenbäume kommen eigentlich gut mit Hitze zurecht. Aber die lange Trockenheit wird auch für sie zunehmend zum Problem werden. Die Oliven – und damit der Ertrag - bleiben vergleichsweise klein, die Preise für den Verbraucher steigen.  

Nach der Überquerung des Rio Guadajoz beginnt ab Luque ein besonders schöner Abschnitt des Olivenölradwegs. Die Karstberge des Nationalparks Sierras Subbéticas kommen ins Blickfeld. Es lohnt sich, hier mindestens einen Tag Pause einzulegen. Um vom Rad zu steigen und auf der Route Río Bailón von Cabra nach Zuheros zu wandern. Das weiße Dorf, wie Zuheros auch genannt wird, thront spektakulär auf einem Felsen.

Radverleiher bieten Shuttleservice an
Im weiteren Verlauf führt der Olivenölweg hinab in die Ebene nach Lucena (460 m). Jetzt sind‘s noch rund 25 Kilometer bis zum Ende des Grünen Wegs am ehemaligen Bahnhof von Campo Real. Auf Nebenstraßen erreicht man nach weiteren sechs Kilometern den Bahnhof von Puente Genil. Hier hält tatsächlich noch ein Zug, mit dem zurück nach Jaén fahren kann.

Wer nur ein Teilstück radeln will, kann den Shuttleservice nutzen, den die beiden Radverleihstationen ihren Kunden anbieten: Centro Cicloturista Subbetica in einem aufgegebenen Bahnhof in Dona Mencia und in Martos der Verleiher Via Bikes, der gerade viele neue, hochwertige Räder angeschafft hat.

Lohnend ist auf jeden Fall ein ausgiebiger Bummel durch Jaén, ob am Anfang oder am Ende der Radtour. Die Kathedrale, die römischen Bäder und Castillo de Santa Catalina sind sehenswert. Und auch die beiden Weltkulturerbe-Städte Úbeda und Baeza mit wunderschönen Renaissancebauten, rund 40 Kilometer nördlich gelegen, sollten man nicht verpassen.

Weiter Informationen
Umfassende Infos finden Sie hier... 

Touristische Informationen, etwa über verschiedene Orte an der Strecke, sind auf dem offiziellen spanischen Tourismusportal zu lesen.

Radverleiher: Fahrräder kann man im Centro Cicloturista Subbetica  oder bei bei Vía Bike leihen. Die Radverleiher organisieren auch Touren inklusive Shuttleservice und Unterkunft auf der Vía Verde del Aceite.

Anreise: Der nächste Flughafen liegt in Málaga. Von dort entweder mit dem Leihwagen oder im Überlandbus nach Jaén, dem Startpunkt des Radwegs.

Empfehlenswerte Restaurants: Tres Culturas in Lucena, Tapasbar Casa Domingo in Jaén, Almocadén, Sterne-Restaurant in Alcaudete.

Über den Autor*Innen

Gabriele Beautemps

Gabriele Beautemps

Reisen, eine schöne Zeit haben - Gabriele Beautemps möchte dazu ein paar Anregungen liefern. Das hat sie schon als Redakteurin im Reisejournal der Funke-Mediengruppe getan. Mittlerweile schreibt sie für verschiedene Zeitschriften und Blogs wie radlfreak. Ein Schwerpunkt ist Outdoor. Frische Luft und ein tolles Panorama machen einfach glücklich.