Faszination Stettiner Haff

Schwimmende Fischbratküche: Zander, Scholle und Butt frisch aus dem Haff - (c) Herbert Barnehl

„... man hat Ruhe und frische Luft und diese beiden Dinge erfüllen Nerven, Herz und Lungen mit einer stillen Wonne.“ Dies schrieb Theodor Fontane 1863 in einem Brief an seine Frau über die Insel Usedom und das Stettiner Haff. An dieser Feststellung hat sich bis heute nichts geändert. Besonders abseits der Kaiserbäder an der Ostseeküste findet der Urlauber touristisch unberührte Naturplätze.

Das Stettiner Haff, auch Pommersches Haff genannt, ist mit einer Ausdehnung von 903 qkm im äußersten Nordosten Deutschlands größer als der Bodensee. Die vor gelagerten Inseln Usedom und Wollin trennen das Gewässer fast völlig von der Ostsee und wird daher als Haff (Lagune) und nicht als See bezeichnet. Ideale Voraussetzungen für Wassersportler aller Art.

Die größte Stadt und gleichzeitig das touristische Zentrum ist Ueckermünde mit dem Hafen als wichtigster Lebensader.  Der Stadtname leitet sich aus dem wendischen Ukrer her, einer slawischen Völkerschaft, die vor 1200 die Region besiedelte.

Später fanden Fischer hier ihre Heimat. In die Historie der Stadt kann man im Schloss der Herzöge von Pommern einsteigen: ein Museum mit einmaligen Schaustücken. Lohnenswert ist ein Spaziergang durch die liebevoll restaurierte Altstadt mit ihren Fachwerkhäusern. Einen „Pott“ Kaffee sollte man unbedingt auf dem Marktplatz im Cafe Anacapri bestellen, um bei untergehender Sonne die übergroße Bronzestatue des Ückermünder Fischers zu bewundern. Vor dem Abendessen lohnt sich ein Spaziergang über die Mole entlang der Uecker. Fischbuden locken mit appetitanregendem Geruch von Bratfisch und Matjesbrötchen zu einer kleinen Vorspeise. Denn der kulinarische Höhepunkt wartet schon. Meisterkoch Martin Wünscher vom Restaurant Roter Butt des Hotels Pommernyacht zeigt mit seinem Haffzander auf Quinoa-Beet das Potenzial seiner pommerschen Küche.

Am nächsten Morgen heißt es Leinen los. Es geht von Mönkebude nach Kamminke auf die Südseite der Insel Usedom. Die Ghost ist ein breitrumpfiges Zeesenboot mit über 150 qm dunkelbrauner und derber Segelfläche. Der Name leitet sich von Fanggeschirr ab. Früher wurde mit solchen Booten in der Lagune Fischfang betrieben. Heute ist Käpt´n Alwin Harder der einzige Segler. Nur Fischen mag er heute nur noch nach Touristen.

Kamminke ist eines der ältesten Fischerdörfer. Reetgedeckte Häuser prägen das malerische Ambiente. Der ideale Ausgangspunkt, um mit dem Velo in das Innere der Insel vor zu dringen. Die Usedom Rad GmbH bietet Urlaubern ein simples Verleihsystem: vor Ort in Empfang nehmen und nach der Tour an eine der unbemannten Nextbike-Stationen abgeben. Die Registrierung erfolgt über Handy oder Internet (www.usedomrad.de). Mit dem Bike geht es vorbei an Raps- und Roggenfeldern, deren Blütenpracht bei leichter Brise und strahlend blauem Himmel im Walzer-Wiegeschritt tanzen. Erster Zwischenhalt ist eine Galerie in Benz, die Werke von Lyonel Feininger ausstellt. Sein Fahrrad ist dort im Original zu sehen.

Da man bekanntlich nach einer zweistündigen Erkundungstour hungrig und durstig wird, lohnt es sich, das Wasserschloss Mellenthin (slawisch Mittelpunkt) anzusteuern. Die Schlossanlage aus dem Jahre 1575 liegt mitten im Naturpark Insel Usedom. Zahlreiche und zudem kostengünstige Arrangements verwöhnen den Gast. Highlight des Besuches ist aber die Schlossbrauerei.

Jan Fidora, Eigentümer, Brauer und Mälzer, kreiert neben Mellenthiner Hell und Dunkel weitere Sorten, die den Gaumen mit Kaffee-, Brot- oder Orangennoten becircen. Besonders zu empfehlen: Bier aus Sanddorn, der „Zitrone“ des Nordens.

Wieder auf dem Festland führt die Reise ostwärts in den Naturpark Stettiner Haff zwischen Altwarp und Rieth. Das 50.000 Hektar große Schutzgebiet ist eine ebene und hügelige Endmoränenlandschaft und besteht aus Buchen- und Mischwäldern. Ein besonderes Naturschauspiel ist auf einer der hohen Binnendünen zu bestaunen. Denn man ertappt Fischreiher, die sich Aale schnappen und mit der Beute im Schnabel am Horizont verschwinden. An der Grenze zu Polen endet die Reise: in dem beschaulichen Dorf Rieth. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Kein Handyempfang und eine nette Dorfgemeinschaft. Hautnah zu erleben bei Kaffee und Kuchen in Katjas Hofcafè „de Klönstuw“. Fontane würde sicherlich auch heute diesen Ort der Ruhe und Harmonie genießen.

Weitere Informationen
Anreise
www.bahn.de

Allgemeine Tourismusinformationen
www.urlaub-am-stettiner-haff.de
www.ueckermuende.de

Restaurant Roter Butt Ückermünde
www.pommernyacht.de

Galerie in Benz
www.kunstkabinett.de

Wasserschloss Mellenthin Usedom
www.wasseschloss-mellenthin.de

Zeesenboot
www.segeln-im-stettiner-haff.de

Altwarp und Rieth am See
www.riether-winkel.de

Über den Autor*Innen

Herbert Barnehl

Als echten Holsteiner, geboren in Kiel und aufgewachsen in Glückstadt an der Elbe, zog es ihn schon in jungen Jahren in die Regionen südlich der Elbe. Getreu dem humorvollen Spruch: Südlich der Harburger Berge fängt der Balkan an. Bis dahin hat er es nie geschafft. Aber eine Vorliebe für griechischen Wein und deren Küche hat sich bis heute bewahrt. Vielmehr zog es Herbert in die die kulinarischen Regionen Frankreichs. Mit seiner Partnerin und Autorin Gabriele Droste verwirklichte er Reportagen (u. a.